ID.3 1st Edition storniert

oder: ein Satz mit X, der nächste Kandidat bitte!

Bevor ich das jedem einzeln erkläre mache ich dann doch lieber ein Blog-Posting draus. Vorsicht, das wird jetzt etwas ausführlicher.

Für die ungeduldigen Leser daher vorab die Kurzfassung: Die Kombination aus dem Informationschaos seitens Volkswagen, die Gestaltung der drei Ausstattungspakete für die 1st Edition die mich direkt zum 50.000 EUR Modell treiben würden, und auch generelle Skepsis gegenüber einigen Entscheidungen von Volkswagen was z.B. das Bedienkonzept angeht führte zur Entscheidung den ID.3 zumindest nicht in der 1st Edition zu kaufen und daher die Reservierung zu stornieren.

Und jetzt dann mal die Entscheidungsfindung im Detail…

Ich, nicht nur als langjähriger und treuer Kunde von VW, war anfangs begeistert vom ID.3. Was VW ankündigte, und was ich teilweise hinter den Kulissen mitbekommen habe, das versprach großartig zu werden. In meinem Berufsleben habe ich auch gelernt wie schwierig es ist große Konzerne umzusteuern, bis sich da was bewegt vergeht viel Zeit. Volkswagen legt da geradezu ein Rekordtempo vor, auch wenn es viele gibt die das anders sehen.

Die Vorstellung des Wagens in Berlin zum Start der Pre-Booking Kampange hat mich auch überzeugt, ich wollte direkt einen Wagen registrieren. Dummerweise brach dann bei VW alles zusammen, offenbar war die Einführung eines neuen Payment-Systems, das Neuland der Vorregistrierungen und der Ansturm der Kunden dann doch zu viel für die IT von VW. Es folgte tagelanges Chaos, der Reservierungsbetrag wurde doppelt abgebucht, ein riesiges hin und her. Und das obwohl, wie sich ja im Nachhinein rausstellte, der Andrang eher gering war. Erst kürzlich wurden die angepeilten 30.000 Reservierungen erreicht.

Aber egal, irgendwann war die Registrierung erledigt und das Leben ging weiter.

Irritierend war wie ungleich die Pre-Booker behandelt wurden. Einige bekamen Infos oder wenigstens Anschreiben vom Autohaus, andere bekamen Werbegeschenke, wieder andere durften sogar an einem super geheimen Event für ausgesuchte Pre-Booker teilnehmen. Ich hatte mich sehr bemüht da auch hin zu kommen, wurde von VW aber komplett ignoriert. Einige Händler hatten die Möglichkeit ihre Kunden dort hin zu schickem, meinem Händler wurde leider nicht mal auf direkte Nachfrage auch nur bestätigt das es diese Veranstaltung überhaupt gibt. Was dann noch frustrierender war: offenbar gab es einige Absagen von Teilnehmern, so das Plätze bei der Veranstaltung unbesetzt blieben bzw. Last-Minute-Teilnehmer wenige Stunden vor der zweitägigen Veranstaltung gesucht wurden.

Die IAA war im Vorfeld auch eine Enttäuschung. Ich hatte gehofft das Volkswagen dort etwas für die Pre-Booker macht was über ein lustiges Werbegeschenk hinaus geht. Ich hätte mir gewünscht das da ein oder zwei Fahrzeuge ausgestellt werden die nur für Pre-Booker zugänglich sind, damit man sich die in Ruhe anschauen kann ohne sich mit anderen Messebesuchern um 10 Sekunden im Auto prügeln zu müssen. Leider war das nicht der Fall, dafür gabs ein Spielzeugmodell vom ID.3.

Dann trudelte aber doch noch ein Newsletter ein, mit dem Verweis auf einen Livestream einer Volkswagen Veranstaltung am 09. September, und versprach „Erfahren Sie im Livestream auch neue, faszinierende Innovationen und Details des ID.3, die bisher noch nicht enthüllt wurden.“

Da Volkswagen auch angekündigt hatte das man ab dem 11. September seine Reservierung um eine verbindliche Auswahl von Ausstattungslinie, Aussenfarbe und Innenraumfarbe ergänzen sollte, da diese limitiert sind, ging ich davon aus das man in diesem Livestream auch entsprechende Informationen bekommt. Man muss ja eine Basis haben anhand der man entscheiden kann.

Spoiler: war nicht der Fall.

Im Livestream hat man, ausser den ungetarnten Autos, im Grunde nichts neues gesehen. Selbst der Innenraum war ja durch Seat und den el Born schon komplett bekannt.

Die Gerüchteküche kochte dann über, aus allen Ecken des Netzes wurden Informationsfetzen zusammengetragen, teils widersprüchlich, teils unsinnig, teils logisch und nachvollziehbar. Auch das Embargo für die Youtube-Fraktion fiel, und es tauchten viele Videos der üblichen Verdächtigen auf. Diese trugen einerseits durchaus zu weiterer Verwirrung bei, andererseits konnte man gute Einblicke in die Bedienkonzepte bekommen. Und dann tauchte zu guter Letzt auch ein PDF im Internet auf, welches den aktuellen Stand der Händlerinformationen zeigte, genau das was man als Kunde auch vor Ort beim Händler zu sehen bekam.

Und nach der ganzen Vorgeschichte, die erklärt wieso meine Vorfreude auf den ID.3 schon sehr gedämpft war, dann jetzt zu den konkreten Gründen für die Stornierung.

  1. Die Preisgestaltung bzw. die Aufteilung der drei Pakete oder Linien ist für mich sehr nachteilig. Um eine Ausstattung zu bekommen die unserem jetzigen e-Golf entspricht muss man die Variante „Max“ (oder Linie 3 wie sie in den Volkswagen Händlerunterlagen jetzt genannt wird, warum auch immer) nehmen, und ist dann direkt bei einem Preis von etwa 50.000 EUR. Für einen Kompaktwagen. Da musste ich erstmal schlucken. Und sowas wie eine Wärmepumpe hätte ich in allen drei Varianten erwartet, nicht erst in der Vollausstattung…
  2. In der Max Variante gibt es allerdings dann nur noch zweifarbige Innenräume, die ich persönlich nicht sonderlich ansprechend finde. Den komplett schwarzen Innenraum gibt es nach den Händlerunterlagen, Stand 12.09.2019, nur für die Linie 1, also die am spärlichsten ausgestattete Variante des ID.3 1st Edition
  3. Die Innenraummaterialen sind, nach dem was man auf den Videos sieht, eher mau, und ein Rückschritt gegenüber dem Golf 7. Ein Trend der bei VW schon bei anderen neueren Fahrzeugen zu sehen war.
  4. Das Bedienkonzept fast ohne physikalische Schalter, sondern viel mit Touchflächen und massivem Einsatz von Sprachsteuerung überzeugt mich nicht. Eine „smarte“ Klimaanlage bei der man im x. Untermenü auf einem Touchscreen eine Taste für „warme Füße“ hat? Oder man erstmal per Sprachkommando mit dem Auto klären darf das einem kalt ist? Da lobe ich mir doch den Golf 7 wo ich das mit einem Tastendruck hinbekomme.

Unterm Strich ist die 1st Edition vom ID.3 in meinem Fall, für meinen persönlichen Geschmack und meine Ansprüche, offenbar nicht das richtige Auto. Ich müsste mehr Geld ausgeben als geplant, für Features die ich nicht möchte, um Ausstattung zu bekommen die ich haben will, und das dann in einem Innenraum den ich nicht attraktiv finde.

Und da denke ich mir: nein, da muss ich nicht bei den ersten vorne mit dabei sein, da kann man dann auch abwarten und vielleicht später einen anderen ID.3 frei konfiguriert kaufen, oder einen anderen MEB Ableger aus dem Konzern.

Ich hatte auch überlegt die Reservierung weiter laufen zu lassen, um zu sehen obs ich vielleicht wenigstens noch was am Preis tut – aber dann dachte ich: warum? Besser jetzt stornieren, abhaken, sich anderen Dingen zuwenden und vielleicht bei Volkswagen ein kleines Zeichen hinterlassen.

Wer bis jetzt durchgehalten und alles gelesen hat: Respekt!

Generell finde ich das Ganze aber schon schade. Ich denke das Volkswagen gerade vieles richtig macht, und hoffe von Herzen das sie mit ihrer 100% Wette auf Elektromobilität Erfolg haben werden. Gerne hätte ich den Konzern durch den Kauf eines ID.3 in der 1st Edition dabei unterstützt, aber bei der Informations- und Modellpolitik kommen wir aktuell nicht zusammen.

Wir warten jetzt auf den Peugeot e-208, den wir ja schon bestellt haben. Mal sehen ob der Wagen bei der Probefahrt, die hoffentlich nicht mehr lange auf sich warten lässt, überzeugt. Falls nicht kann man vielleicht noch in Richtung eines zweiten e-Golfs schauen, der ist nach der aktuellen Preissenkung durchaus interessant, oder vielleicht einen i3 120Ah, beides dann als 2 oder 3 Jahre langes Leasing. Oder halt vielleicht der Seat el Born, der mir zumindest von aussen und innen mehr zusagt als der ID.3 – aber vermutlich die gleichen Bedienkonzepte hat wie der Volkswagen.

Bis dahin wird uns halt der Nextmove Leaf weiter begleiten…

3 Gedanken zu „ID.3 1st Edition storniert

  1. StromSchleuder Antworten

    Hallo Daniel,
    Danke für die ausführliche Begründung. Innenfarben peppiger und nicht Einheitsschwarz wäre etwas für mich. 😉
    Ich kenne jetzt das Bedienkonzept nicht. Tesla hat ja die wichtigsten Dinge, wie Heizung, sofort im Zugriff. Aber keine Wärmepumpe hätte mich auch abgeschreckt. Dann noch der Preis, einen Heckantriebler mit mehr Platz für weniger Geld gibt es auch woanders.
    Bin mal gespannt, was ihr zu dem e208 sagt.
    Oder vielleicht doch eGolf.

  2. Rüdiger Antworten

    100% Wette ist etwas übertrieben: dann bräuchte VW keinen neuen Golf 8 auf den Markt zu bringen, den es nicht als BEV gibt. Aber bis der e-Auto- Anteil bei VW von zur Zeit ca1% wirklich auf 100% steigt, vergehen noch einige Jahre…
    Zumindest hat man jetzt aber den Eindruck, dass VW einen gewissen Anteil der 10Mio jährlich produzierten Fahtzeuge elektrisch angetrieben verkaufen möchte…das ist immerhin ein Anfang.
    Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut…
    Rüdiger

    • Daniel Autor des BeitragsAntworten

      Es ist schon eine ziemliche Wette. Mit Zwickau und Emden werden zwei komplette Werke auf BEV umgebaut, und wenn man sich die Anlagen in Braunschweig und Baunatal anschaut sieht man ganz klar: hier gehts nicht um ein paar hundert Fahrzeuge am Tag, hier meint es ein Konzern verdammt ernst.

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