…und auch keine panische Notlösung für die Zeit bis zur MEB Plattform.
Immer wieder trifft man Leute, die den e-Golf als umgebauten Verbrenner bezeichnen. Sowohl bei Journalisten, als auch bei anderen Elektromobilisten scheint diese urbane Legende weit verbreitet zu sein. Oftmals wird das Vorurteil auch in einem negative Kontext genutzt, „bloss ein umgebauter Verbrenner“, und deswegen kann der Wagen ja nix taugen.
Da ich es leid bin da immer aufs neue zu widersprechen schreib ich jetzt einmal was zum Thema, dann kann ich in Zukunft einfach auf dieses Posting verweisen.
Der Golf 7 basiert auf der MQB Plattform des VW Konzerns, dem sogenannten „modularen Querbaukasten“. Das ist ein Baukasten, der gewisse Parameter eines Autos festzurrt: beispielsweise Position und Einbaulage des Motors, Abstand der Vorderachse zum Motor, zum Lenkrad/Pedalerie, usw. Das ermöglicht es zum einen schnell Varianten des Fahrzeugs bzw. des Baukastens zu entwickeln, da quasi der Vorderbau schon feststeht, andererseits auch mehrere dieser Varianten auf der gleichen Produktionslinie zu bauen. Auch in der Größe skaliert das ganze gut: Mit dem A3 und dem Golf 7 kamen die ersten Modelle auf MQB Basis auf den Markt, es folgten viele weitere wie Audi TT und Q2, VW Touran, Tiguan, Passat, Skoda Octavia und Superb, und viele mehr.
Der MQB war von Anfang an darauf ausgelegt alle denkbaren Antriebstechnologien zu ermöglichen: Benzin, Diesel, Gas, Hybrid, Elektro.
An dieser Stelle streue ich mal ein paar Quellen ein, die aus den Jahren 2012/2013 stammen, also aus der Zeit der Einführung des MQBs in den Markt. In diesen Quellen ist schon die Rede von voll elektrischen Varianten des Golfs, die auf dieser Plattform basieren sollen:
Ob man also 2013 wie angekündigt den Golf Blue E-Motion mit Elektroantrieb verwirklicht oder eventuell 2016 einen Polo Hybrid – man wird weder für diese Modelle noch für solche mit Plug-in-Hybridtechnik oder einer Erdgasanlage eine andere Plattform benötigen als für Autos mit Benzin- oder Dieselmotor.
(Quelle: Die Welt, „Die große VW-Offensive“ vom 05.02.2012)
Zusätzlich soll der MQB es möglich machen, neben den konventionellen Verbrennungsmotoren auch alle gängigen alternativen Antriebe in identischer Art zu verbauen. Ein Beispiel dafür ist der Golf Blue-e-Motion mit Hybridantrieb (ab 2013), aber auch Erdgasmodelle und reine Stromer werden kommen.
(Quelle: Autobild, „Golf VII macht sich nackig“ vom 02.02.2012)
Zum Einen bietet der Modulare Querbaukasten die Möglichkeit neben den herkömmlichen Verbrennungsmotoren auch alternative Antriebe wie Erdgas, Hybrid oder Antriebskomponenten für Elektrofahrzeuge in identischer Lage einzubauen.
Wir können also festhalten: Die 2012 längst fertig entwickelte MQB Plattform war von Anfang an auch auf Elektrovarianten ausgelegt. Die Planungen gehen entsprechend weit zurück, als Beispiel für öffentlich verfügbare Infos mag dieser Artikel der Autobild dienen:
Zum E-Mobilitätsgipfel 2010 in Berlin hat VW den Golf VI mit Elektroantrieb aus dem Hut gezaubert. 2013 soll er als Golf „blue-e-motion“ in Serie gehen.
(Quelle: Autobild, „Erste Fakten zum E-Golf“ vom 03.05.2010)
Da 2010 noch nichts von Dieselgate oder der aus ihm resultierenden MEB Plattform in Sicht war sollte schlüssig nachgewiesen sein: der e-Golf ist keine in heller Panik geschaffene Not- oder Übergangslösung für die Zeit bis zum ID.3.
Gut, weiter im Text.
Ja, der e-Golf teilt sich die Plattform mit seinen Verbrenner-Geschwistern. Das bringt ein paar Nachteile mit sich, zum Beispiel der zerklüftete Akku, der einfach überall steckt wo Platz ist: unter der Rücksitzbank, den Vordersitzen, im Mitteltunnel. Es hat aber auch viele Vorteile, sowohl für VW als Hersteller, die nicht schon Anfang der 2000er in eine reine Elektroplattform investieren mussten, sondern flexibel auf die Nachfrage reagieren konnten, sondern auch für die Käufer. Der e-Golf profitiert sehr davon ein Ableger eines in einer Stückzahl in Millionenhöhe produzierten Fahrzeugs zu sein.
Fahrwerk, Materialien, Dämmung, Assistenzsysteme: alles millionenfach gebaut, erprobt, und mittlerweile sehr ausgereift. Betriebskosten für neue Reifen oder sonstige Verschleißteile: sehr gering, da VW Standardware. Frag mal nen i3 Fahrer was seine Reifen kosten. Ersatzteile für Karosserie, Scheinwerfer, Scheiben: alles Massenware. Und was man nicht oft genug sagen kann: die Ruhe im Innenraum durch die zu den Verbrennern identische Karosseriedämmung ist ein Traum.
Und wer am Ende immer noch auf so eine Kompromisslösung einschlagen will: Vorsicht, Glashaus und so. Fährst du einen Ioniq? Kona? Soul? Niro? Weil das tolle Elektroautos sind? Oder freust du dich schon auf den tollen Peugeot e-208? Den kommenden Opel Corsa? Ganz dünnes Eis, all diese hochgelobten Fahrzeuge, die fraglos auch gute Elektroautos sind: alles genau so „umgebaute“ Verbrenner wie der e-Golf. Ups 🙂
Fazit: Ja, der e-Golf ist ein Auto der Kompromisse, oft mehr, manchmal weniger gut gelungen. Aber es ist definitiv kein Auto wo jemand bei VW gedacht hat „wir haben hier den fertigen Diesel-Golf, lass uns mal den Motor rausreissen und nen Akku drandübeln!“ Von „umgebauten Verbrenner“ kann also absolut keine Rede sein.
Er ist und bleibt das wohl meist unterschätzteste Elektroauto am Markt. Ich kann da nur jedem empfehlen mal ne Runde mit dem Wagen zu drehen bevor man so undifferenziert voller Vorurteile drauf eindrischt.
Danke Daniel für die tolle Erklärung.
Servus Daniel, ich kann deine Ausführung zu 100 % bestätigen. Vorerst zwar nur zum Fahrverhalten und Fahrgefühl, weil wir den E-Golf erst am Freitag aus der Autostadt abeholt haben. Somit noch keine Reifen usw.
Vor Kauf/Leasing hatten wir eine Testwagen und waren von Anfang an begeistert. Es fehlt einem an nichts in diesem Auto bis auf DAB was wir aber noch geordert haben.
Uns war natürlich klar, es ist kein Langstreckenfahrzeug und dafür haben wir ihn auch nicht gekauft. Einsatzzweck ist zur Arbeit Pendeln – ca. 40 km täglich. Die Fahrt von Wolfsburg zu uns nach Niederbayern ( 640 km) war schon ein kleines Abenteuer.
Hast du vielleicht noch Info zu CCS Ladeleistung. Nach meiner Rechnung waren es unabhängig von der Ladesäule „nur“ 20 kW.